Jazz ist…

Jatzek (ich hatte ihn Euch schon vorgestellt) ist mal wieder aufgetaucht. Er interessiert sich mehr und mehr für die Kasseler Jazzszene. „Habt ihr hier eigentlich auch richtigen Freejazz?“ fragt er mich. „Was meinst du, freie Konzepte oder ungeregeltes Drauflosspielen?“ „Was ist der Unterschied?“ Jatzek antwortet gerne mit Gegenfragen.
„Naja,“ antworte ich „Nutzen aller Möglichkeiten, die die Jazz-, wenn nicht Musikentwicklung bietet, oder weg mit allen Regeln!“. „Duke Ellington gegen Archie Shepp“ „Aha?“ „Ja, von Ellington gibt es den Ausspruch ‚Jazz ist die Freiheit, viele Formen zu haben‘, und Archie sagt einfach ‚Jazz ist Freiheit’“, „was immer er damit meint, er bedient sich ja auch vieler Stile bis hin zum archaischen Jazz.“
Jatzek denkt ein wenig nach „Mit Zitaten kann man wohl alles belegen, auch das Gegenteil!“ „Jawohl, Shepp sagt nämlich auch ‚Jazz ist schwarze Musik’…“, „und Miles Davis ‚Jazz ist ein Wort des weißen Mannes’“.

Jetzt ist kein Halten mehr, wir werfen uns die Zitate zu wie Sheets of Sounds in einer Free-Session: ‚Jazz ist, warum dieses Jahrhundert anders klingt als andere‘ (Dizzy Gillespie) ‚Jazz ist der Klang des Universums‘ (Sun Ra). „Mein Lieblingszitat:“, Jatzek schreit fast, „’Jazz ist wahrscheinlich die einzige heute existierende Kunstform, in der es die Freiheit des Individuums ohne den Verlust des Zusammengehörigkeitsgefühls gibt‘, das ist von Dave Brubeck!“ „Gefällt mir auch sehr gut“, antworte ich, „aber mein absoluter Favorit ist der Ausspruch, den Mezz Mezzrow all den abgehobenen Esoterikern entgegengehalten hat: ‚Jazz ist … eine Feier alles Lebenden und Atmenden …. eine Kampfansage an den Tod …. eine Weigerung unterzugehen, ein eigensinniges Anklammern, ein Lobgesang an den Blutkreislauf, ein Hosianna auf die Schweißdrüsen, ein Hymnus auf den Magen, der schmerzt, wenn er leer ist.’“

Jatzek schaut versonnen an mir vorbei ins sunrasche Universum, „jetzt kann ich mir ungefähr vorstellen, wie es um den Freejazz in Kassel bestellt sein könnte“.